King Edward VII.- Der etwas andere Eroberer

Eine besonders strenge Erziehung wollten Victoria und Albert ihrem Sohn angedeihen lassen, der einst als König Eduard VII. die Geschicke Großbritanniens lenken sollte. Tatsächlich aber beschränkte sich die Regierungszeit Edwards auf neun Jahre - und die überaus lange Wartezeit im Schatten seiner königlichen Mutter Vertrieb sich der 'Prince of Wales' mit Zerstreuungen der besonderen Art. Besonders die Damenwelt hatte es 'Dirty-Bertie', wie man ihn schon bald nennen sollte, angetan und Eduard, der häufig auf diplomatischen Missionen im Ausland unterwegs war, verbrachte wohl mehr Zeit in Bordellen als auf Empfängen. Berühmt sollte er für seinen eigenwillig konstruierten Liebesstuhl werden, über dessen genaue Funktionsweise noch heute gerätselt wird. Und da gab es auch die mit Champagner gefüllte Badewanne für Berties favorisierte Gespielinnen, aus der man dann genussvoll trank. Eduards Eskapaden jedenfalls galten als legendär, und doch brachten ihm die Briten eine gewisse Sympathie entgegen. Denn vergessen sollte man nicht, dass der britische Monarch mit den vielen Vorlieben letztlich eine durchaus erfolgreiche Außenpolitik betrieb und das Empire in eine neue Zeit führte. 1903, sowie 1904 besuchte Eduard übrigens Österreich. 1877 hatte er bereits sein Glück bei Kaiserin Elisabeth in Combermere versucht. Die aber ließ den beleibten Briten mit dem speziellen Sessel charmant abblitzen. Höre/Lest hier die illustre Lebensgeschichte des "ewigen Thronfolgers" und Kurzzeit-Monarchen Eduard VII.

Albert Edward wurde am 09. November 1841 im Buckingham Palace in London geboren und war der älteste Sohn von Queen Victoria und ihrem Mann Albert. Edwards Verhältnis zu seinen Eltern war von Kindheit an eher angespannt. Schon früh fiel auf, dass er kaum Interesse am Lernen zeigte und seine Lehrer sich regelmäßig in Briefen über seinen Mangel an Disziplin beschwerten. Albert und Victoria wollten aber unbedingt einen vorzeigbaren Thronfolger machen, daher wurde er in ein ‘Army Boot Camp’ geschickt. Doch der Plan der Eltern ging nach hinten los: Er interessierte sich eher für die abendliche Unterhaltung: Karten spielen, Alkohol trinken und Zigarren rauchen. Außerdem verliebte er sich in dieser Zeit in Nellie Clifden. 1

Alexandra von Dänemark & Edward Prince of Wales
Alexandra von Dänemark & Edward Prince of Wales

1853 heiratete Edward, damals noch Prinz of Wales, Alexandra von Dänemark. Sehr bald wurde das Paar zum Mittelpunkt der Gesellschaft. Hier zeigte sich auch Edwards stärkste Charaktereigenschaft: Sein Umgang und Charme mit anderen Menschen, der ihm später auch beim Volk sehr beliebt machte. 

Die Ehe mit Alexandra war zunächst sehr glücklich und sie brachte in den ersten vier Ehejahren bereits drei Kinder zur Welt. Durch die dritte Geburt erkrankte Alexandra und behielt dadurch ein gelähmtes Bein zurück, das sie gesellschaftlich immer mehr einschränkte. So blieb sie die meiste Zeit auf ihrem Schloss und kümmerte sich um ihre Kinder, während ‘Bertie’, wie er in der Familie genannt wurde, weiterhin seinen gesellschaftlichen Pflichten nachkam. Edward hatte Zeit seines Lebens immer wieder Affären, die Alexandra aufgrund ihrer Krankheit akzeptierte und teilweise sogar Kontakt zu diesen Damen pflegte. 2

Liebessessel von King Edward VII.
'The lovechair'

Doch nicht nur in England hatte Edward Frauen Bekanntschaften, sondern auch in Paris: Im berühmten Edelbordell ‘Le Chabanais’ in Paris war er Stammgast und hatte sogar eine eigene Suite dort mit seinem Wappen über dem Bett. In dieser Suite befand sich außerdem eine Badewanne mit Meerjungfrauenkopf, die mit Champagner gefüllt wurde und ein extra für ihn konzipierter ‘Liebesstuhl’. 3

1869 begann er eine Affäre mit Lady Harriet Mordaunt, die einen riesigen Skandal in Europa auslöste und dazu führte, dass der Thronfolger als erster Royal jemals vor Gericht aussagen musste. Königin Victoria soll außer sich gewesen sein, als sie davon erfuhr. Seine große Liebe war Daisy Greville/ Daisy Warwick die er auch ‘My darling Daisy wife” nannte. Diese Affäre dauerte 10 Jahre.  

Auch Kurtisanen ließen sich in der langen Liste von Edwards Eroberungen finden.  

Zwei äußerst bekannte Frauen, die auch den Beinamen 'Grazien' trugen, standen im offenen Wettstreit um so einige adelige Männer, darunter auch Edward.

Die erste Grazie ist die Spanierin Carolina Otèro, die auch als „La Belle Otèro“ bekannt war, und als Tänzerin, Schauspielerin, aber hauptsächlich als Kurtisane Karriere machte. 
Carolina, die 1868 geboren wurde, begann schon in jugendlichen Jahren Erfahrungen auf der Bühne zu sammeln und hatte Auftritte unter anderem in Marseille, Paris, Wien und auch Sankt Petersburg. In New York machte sie Bekanntschaften mit sogenannten „Club-Men“, welche Teil der amerikanischen High-Society waren und sich durch Darstellungen des eigenen Reichtums überbieten wollten. Dies nütze Otèro geschickt und ließ sich Auftritte als Begleitung dieser Männer einiges kosten. Ihr gut funktionierendes Konzept beschrieb sie folgendermaßen: „Wird ein Herr mit mir zusammen gesehen, stärkt das seinen Ruf, denn dann gilt er als extrem reich.“
Eine Vielzahl an Affären und Beziehungen werden Caroline, wie sie sich später nennt, nachgesagt, unter anderem auch mit Fürst Albert I. von Monaco, Zar Nikolaus II., dem deutschen Kaiser Wilhelm II. und auch Edward VII., dessen fehlende Großzügigkeit sie erwähnte.
All der Reichtum und die zahlreichen Schmuckgeschenke fielen jedoch im Laufe ihres Lebens ihrer Spielsucht zum Opfer, bis sie im Jahr 1965 in Nizza verstarb. 4
Eine weitere bekannte Kurtisane, die Kontakt zu Edward pflegte, war Französin Liane de Pougy, welche mit bürgerlichem Namen Anne-Marie Chassaigne hieß und eine sehr abwechslungsreiche Biografie aufweist. 5

Geboren im Jahr 1869, begann sie den klassischen Weg, der Frauen in damaliger Zeit vorgezeichnet war, nämlich als Ehefrau und Mutter. Als jedoch ihr Mann sie in flagranti mit einem anderen Mann erwischte, schoss er auf seine Frau, welche er am Gesäß traf. Die Narbe, die sie davontrug, wurde von da an zu ihrem Markenzeichen. 6

Danach begann sie eine Karriere als Sängerin und Schauspielerin, die meisten Erfolge erzielte sie allerdings als Kurtisane der gekrönten Häupter Europas und wurde Nebenbuhlerin von Otèro um Edward VII. Einige Jahre später ging sie eine zweite Ehe ein, dieses Mal mit Prinz Georges Ghika, welcher aus einem rumänischen Adelsgeschlecht stammt. Doch auch diese Ehe sollte nicht halten. Als schließlich ihr Sohn aus erster Ehe im Ersten Weltkrieg fällt, wendet sie sich ganz der Religion zu und tritt in einen Dominikanerorden ein, wo sie bis zu ihrem Tod 1950 leben wird.7
1901 kurz bevor Queen Victoria starb, lud sie ihren Sohn auf ihr Schloss ein und versöhnte sich mit ihm. Nur wenige Tage darauf starb sie. Bertie sollte am 26. Juni 1902 zu King Edward VII. gekrönt werden, doch durch eine Blinddarmentzündung wurde seine Krönung auf den 9. August verschoben. 

Edward war durch seine Nähe zum Volk einer der beliebtesten Könige Englands. Als er am 06. Mai 1910 starb war er der erste Monarch, der öffentlich aufgebahrt wurde. Eine Tradition die sich bis heute in England hält. 8